Licht beeinflusst die Gesundheit stärker als wir denken
Hinzugefügt 22.2.2021 10:30.55
Einige sind „Nachteulen“, andere „Morgenvögel“, aber wir haben alle eine ähnlich eingestellte innere Uhr. Diese steuert unsere Aktivität oder umgekehrt deren Abnahme während des Tages und der Nacht, und zwar hauptsächlich in Abhängigkeit davon, wie viel Licht wir gerade ausgesetzt sind. Dies nennt man circadiane Rhythmik (oder auch Zirkadianer Rhythmus).
Im Morgengrauen aufstehen und mit den Hühnern schlafen gehen
In den Tagen unserer Urgroßmütter war ein circadianer Rhythmus völlig natürlich. Man stand im Morgengrauen auf, die Leute verbrachten den Großteil des Tages draußen und gingen mit der Dämmerung schlafen. Der Körper hatte dank der Sonnenstrahlen genug Energie, um sich zu bewegen, Nahrung zu verdauen usw. Und umgekehrt – wenn die Sonne unterging, gab sie dem Menschen damit ein klares Signal, seine Aktivität herunterzufahren, zu entspannen und sich auf den Schlaf vorzubereiten. Nachts konnte sich der ganze Körper erholen, reinigen und ausruhen. Die Organe waren aktiv bzw. ruhten in der für sie natürlichen Zeit aus. Und vor allem – zur richtigen Zeit konnten die richtigen Hormone gebildet werden. Schauen wir uns einige davon an.
Drei Favoriten unter den Hormonen
Cortisol
Eines davon ist Cortisol – ein Stresshormon für Aktivität und Bewegung. Am meisten davon sollten wir gegen neun Uhr morgens haben. Dann sollte seine Menge allmählich zum Abend hin abnehmen. Es reicht jedoch, wenn wir tagsüber Stresssituationen ausgesetzt sind, mehrere Tassen Kaffee trinken, nachts schlecht oder wenig schlafen, nicht genug Tageslicht abbekommen, und schon haben wir ein Problem: Die Cortisolkurve kann sich vollständig umkehren. Morgens bekommen wir keines, sind müde und kommen ohne Kaffee „nicht in Gang". Abends sind wir gestresst, schauen auf den Monitor oder trinken wieder Kaffee. Und schon steigt der Cortisolspiegel stärker als er sollte.
Serotonin
Ein weiteres wichtiges Hormon ist Serotonin, das auch als Hormon der guten Laune bezeichnet wird. Wenn wir genug davon in unserem Körper haben, sind wir optimistisch, fühlen uns gut und ausgeglichen. Bei niedrigem Serotoninspiegel können hingegen Angstzustände, Depressionen oder Migräne auftreten. Seine Bildung ist stark von der Tageslichtmenge abhängig.
Melatonin
Ein Kapitel für sich ist Melatonin – das für die Schlafqualität verantwortliche Hormon. Alle Zellen im Körper brauchen es, um sich zu erneuern und zu regenerieren. Darüber hinaus stärkt es unsere Immunität erheblich und schützt uns vor Krebs. Den niedrigsten Melatoninspiegel sollten wir morgens haben. Das meiste Melatonin wird nachts gebildet (Gegen 3 Uhr morgens ist sein Spiegel am höchsten). Daher sollte seine Kurve genau umgekehrt zu der von Cortisol verlaufen. Leider ist oft das Gegenteil der Fall.
Circadiane Rhythmik auf den Kopf gestellt
Wie gut würden wir uns fühlen, wenn wir immer genau so viele einzelne Hormone hätten, wie wir brauchten. Aber der Mensch als intelligentes Wesen erfand die Beleuchtung und stellte den circadianen Rhythmus buchstäblich auf den Kopf:
Morgens und den ganzen Tag über sind wir in Gebäuden eingesperrt und haben absoluten Tageslichtmangel. Kein Wunder, dass wir müde und ohne Energie sind. Abends schalten wir künstliche Beleuchtung ein, nachts dringt oft das Licht von Straßenlaternen ins Schlafzimmer und der Körper glaubt, es sei Tag. Dies führt zu einem Mangel an dringend benötigtem Melatonin. Kurz gesagt, uns fehlt natürliches Licht und natürliche Dunkelheit. Der Organismus ist verwirrt und weiß nicht, welche Hormone er produzieren soll.
Ein großes Thema ist heutzutage auch das sogenannte blaue Licht. Es ist ein natürlicher Teil des Lichtspektrums mit einer Wellenlänge von 450-500 nm und wichtig für unsere Aktivität. Gerade an seiner Intensität erkennt der Körper, was von ihm erwartet wird. Wenn wir Zeit draußen verbringen und uns abends bei Kerzenlicht unterhalten, erhalten wir genau so viel davon, wie wir brauchen. Zum Problem wird es, wenn wir vor dem Schlafengehen fernsehen, auf einen Computerbildschirm oder ein Tablet schauen oder auf dem Handy chatten. Alle diese Geräte strahlen nämlich einen hohen Anteil eben dieses blauen Lichts aus und geben dem Körper zu verstehen, dass es Tag ist und er aktiv sein sollte. Dies führt wiederum zu Melatoninmangel und einem zu hohen Cortisolspiegel. Man schläft zwar ein, aber der Körper ruht sich nicht aus und die Prozesse in ihm laufen weiter, als wäre es Tag.
Noch stärker ist dieser Effekt im Winter, wenn die Tage kurz sind. Wir bekommen noch weniger natürliches Licht als sonst, so dass der Körper keine Chance hat, beispielsweise das erwähnte Serotonin in ausreichender Menge zu produzieren. Dies ist unter anderem die Ursache, warum wir zu Wintertrübseligkeit und sogar zu Depressionen neigen.
Eine Störung der circadianen Rhythmik hat grundlegende Auswirkungen auf die Gesundheit
Eine richtig eingestellte circadiane Rhythmik ist absolut notwendig, wenn wir gesund bleiben, genug Energie haben und uns gut fühlen möchten. Es gibt bereits zahlreiche wissenschaftliche Studien, die dies belegen. Zum Beispiel wurde ein Zusammenhang zwischen zunehmender Fettleibigkeit und übermäßiger künstlicher Beleuchtung in der Nacht nachgewiesen. Eine gestörte circadiane Rhythmik kann auch zu Bluthochdruck, Depressionen, Migräne, Bluthochdruck oder sogar Krebs führen. Wir werden nie genug Energie haben, wenn unser Cortisolspiegel tagsüber niedrig und abends hoch ist. Man kann keine gute Laune haben, ohne dass ausreichend Serotonin produziert wird. Der Körper hat keine Chance, sich zu regenerieren und nachts auszuruhen, wenn wir ihm nicht ermöglichen, die richtige Menge Melatonin zu produzieren.
Kehren wir zur Natur zurück
Was ist der Ausweg? Der grundlegende Rat könnte lauten: Den Tagesablauf so weit wie möglich an die Natur anpassen und im Einklang mit ihr leben. Das ist leichter gesagt als getan. Die heutige Zeit stellt hohe, unnatürliche Anforderungen an uns und wir müssen einen Kompromiss finden. Daher zumindest ein paar Tipps:
- Gehen Sie früh schlafen und stehen Sie früh auf. Schlafen Sie mindestens 7,5 Stunden.
- Gehen Sie morgens eine Weile an die frische Luft, damit der Körper seine natürliche Tageslichtdosis und damit die Information erhält, dass es Tag ist und er „Tages" -Hormone produzieren soll.
- Sportliche Aktivitäten sollten Sie eher morgens und tagsüber betreiben und sich zum Abend und zur Nacht langsam beruhigen.
- Setzen Sie sich immer, wenn dies möglich ist, natürlichem Tageslicht aus.
- Schalten Sie Computer, Tablet, Handy, Fernseher und WLAN mindestens zwei Stunden vor dem Schlafengehen aus.
- Zwei Stunden vor dem Schlafengehen sollten Sie nichts mehr essen oder trinken.
- Sorgen Sie im Schlafzimmer für völlige Dunkelheit und Ruhe.
- Lassen Sie nachts kein Licht im Kinderzimmer brennen, sondern gewöhnen Sie ihre Kinder daran, im Dunkeln zu schlafen.
- Wenn Sie nachts aufstehen müssen, nutzen Sie rotes, kein weißes Licht.
Die Beleuchtung hat grundlegenden Einfluss auf die Gesamtsituation
Beleuchtung ist eine wichtige Sache, die uns sehr helfen oder schaden kann. Also welche Beleuchtung sollte man wählen?
- Es ist notwendig, möglichst viel natürliches Tageslicht in die Räume zu lassen. Wenn es fehlt, muss es durch künstliches Licht ersetzt werden.
- Künstliche Beleuchtung während des Tages sollte das natürliche Tageslicht so genau wie möglich simulieren, d. h. es sollte den richtigen Anteil an sogenanntem blauem Licht enthalten. Es sollte intensiv sein, besonders im Winter.
- Eine gute Option sind Kronleuchter aus Kristall, da dieses die Lichtintensität erhöhen kann.
- Ideal ist eine Beleuchtung, deren Intensität und Farbe (Anteil der blauen Komponente) man während des Tages ändern kann.
- Im Badezimmer empfiehlt sich gedämpftes, warmes Licht, das man morgens durch eine zweites helles weißes Licht verstärken können, das dem Tageslicht ähnlicher ist.
- Abends sollte man eher gedämpfte, warme Töne wie beim Sonnenuntergang wählen.
Zum Schluss etwas Nostalgie...
Sicherlich erinnert sich jeder von uns an einen Moment, als er Zeit in einem Dorf oder einer Berghütte verbracht hat, wo es keine Straßenlaternen gab und der Himmel voller Sterne war...
Da man abends nicht durch die Lichter einer Großstadt gestört wurde, saß man am Kamin beisammen. Der Raum wurde nur von den Flammen des Feuers beleuchtet und man verbrachte den ganzen Tag draußen mit Spaziergängen oder im Garten, das Gesicht der Sonne zugewandt.
Obwohl dies für die meisten äußerst realitätsfern ist, ist es auf jeden Fall eine gute Idee, zu versuchen, allmählich zu allem Natürlichen zurückzukehren. Sei es durch eine Änderung des Lebensstils, durch neue Beleuchtungstechnologien oder – was am besten wäre – durch eine Kombination aus beidem.